DIY-Endgame: Ralph und sein Dreher

Ein schöner Werbeclaim für einen Baumarkt lautet „Es gibt immer was zu tun“. Wer könnte das besser bestätigen als wir Hifi-Bastler und Selbstbauer – kaum ist ein Projekt fertig, steht auch schon das nächste auf der Agenda. Und ehe man sich’s versieht, muss irgendwas entsorgt oder verkauft werden, weil der Platz schneller ausgeht als die Ideen…

Aber gibt es auch Dinge, die gebaut werden um zu bleiben. Und damit sind wir beim Thema, denn am letzten Aprilwochenende fand wieder das allseits beliebte Tüdelfest in Schwelm statt. Da das Interesse im Gegensatz zum Platz im Vereinsheim Loh sehr groß war, sah sich Veranstalter Kay zur Beschränkung der Teilnehmerzahl gezwungen. Als aber Samstag Nachmittag der größte Andrang vorbei war, klingelte Kay durch und gab grünes Licht, noch vorbei zu kommen.

Das habe ich dann gemeinsam mit den Hifi-Kumpanen Frank und Karl auch sehr gerne gemacht, denn abseits des Wiedersehens und der wie immer sehr kreativen Lautsprecherkonzepte gab es ein ganz besonderes Highlight zu bestaunen: den DIY-Plattenspieler von Ralph, der meiner Kenntnis nach seinesgleichen sucht.

Fangen wir aber erstmal mit dem Erbauer an.

Ralph ist ein Berliner Tüftler, der als Heizungs- und Lüftungsbauer einer unverzichtbaren Berufsgruppe angehört und Euch z. B. den Hintern rettet, wenn der Gaskessel an Heiligabend bei Minus 15 Grad den Geist aufgibt. Und in seinem Beruf hat er genau jene Kenntnisse in Sachen Materialauswahl und Werkstoffbearbeitung gesammelt, die bei so einem Projekt den Unterschied machen. Wärt Ihr auf die Idee gekommen, als Antriebsriemen ein EPDM-Dichtelement zu verwenden, das normalerweise in Pressverbindern für Trinkwasser-Installationen verwendet wird? Oder ein Aluminiumrohr solange von Hand zu erhitzen und zu verbiegen, bis es die ideale Geometrie für einen Tonarm hat?

Der ganze Dreher ist voll solcher cleverer Lösungen – und von A bis Z selbst gebaut, selbstverständlich bis hin zum Netzteil, das sogar über ein Poti für die Drehzahlanpassung verfügt. Entstanden ist die Maschine in mehrmonatiger Arbeit, der Thread im Forum liest sich wie ein Krimi. Steht man dann vor dem (natürlich noch nicht ganz fertigen) Gerät, fällt einem nichts mehr ein. Nicht nur, weil das wirklich nicht nach DIY aussieht, sondern weil der Plattenspieler auch einen sehr lässigen Look hat, bei dem aber die Funktion die Form bestimmt hat. Und weil der Klang stimmt.

Denn das Laufwerk spielt so überzeugend, dass man sofort hört: da geht noch was in Sachen Tonabnehmer. Eingebaut war ein hoch solider AT-95VML, den habe ich auch daheim. Aber mit dem angedachten Denon DL 103 dürfte das Ganze nochmal einen gehörigen Sprung nach vorne machen. Wie der Dreher mit dem Audio Technica klingt, könnt ihr hier übrigens hier nachvollziehen, Ralph hat ein schönes Video gemacht.

Wir haben Supertramp in Paris gehört und da ließ sich anhand des Quervergleichs mit den vorher gespielten Deep Purple feststellen, dass hier die Platte (wieder einmal) besser klingt als die CD, Stichwort Basswiedergabe. Während der Wiedergabe hatte man immer das Gefühl, dass das Laufwerk noch nicht einmal ansatzweise gefordert war. Einen gehörigen Teil dazu dürfte der mehrere Kilo schwere und mit fein gesiebtem Vogelsand gefüllte Teller sein, der sich in einer beispiellosen Ruhe auf dem mit 10 W 40 dauergeschmierten Lager dreht. Das wiederum auf einem genau unter ihm angebrachten Spike ruht, um das Gewicht abfangen zu können…

Alle Details wiederzugeben, dazu reicht der Platz hier nicht aus. Klickt Euch ruhig mal durch eine kleine Auswahl von Bildern, die beim Bau entstanden sind – danke Ralph für die Bilder.

Wenn Ihr mal zu einem Treffen kommen könnt, zu dem Ralph seinen Dreher mit bringt, lasst es euch nicht entgehen. Er hofft übrigens, dass durch so ein Projekt dem einen oder anderen die Scheu genommen wird, sowas auch mal anzugehen. Dem ist nichts hinzuzufügen, denn gerade im Selbstbau gilt ja nunmal „Nichts ist unmöglich“. In diesem Sinne: auf zum nächsten Projekt, das dann auch ganz lange bleibt.

2 Antworten zu „DIY-Endgame: Ralph und sein Dreher”.

  1. Avatar von Runningstone
    Runningstone

    Moin Ludger , sehr treffend geschrieben! Auch ich fand Ralph,s Plattendreher toll.
    Das zeigt mal wieder was alles möglich ist wenn man lösungsorientiert arbeitet und sein Ziel nicht aus den Augen verliert.

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    1. Avatar von spendormania

      Hi Guido, danke! Genauso sehe ich das auch – wobei es aber ganz ohne Know-how eben auch nicht geht, was ja auch Deine Steingehäuse zeigen. Aber es gibt nie einen Grund, aufzuhören oder nicht zumindest alles rauszuholen, was drin ist. VG Ludger

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